DIW: US-Vermögensverwalter zunehmend gemeinsame Eigentümer deutscher Unternehmen

(Dow Jones Newswires)

BERLIN (Dow Jones)--Seit der globalen Finanzkrise haben sich die Eigentümerstrukturen börsennotierter deutscher Unternehmen laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stark gewandelt: 22 der 25 größten börsennotierten Unternehmen haben demnach inzwischen gemeinsame Anteilseigner mit mindestens einem anderen Unternehmen, doppelt so viele wie vor der Finanzkrise. Auffällig sei, dass vor der Finanzkrise vorwiegend deutsche Banken und Versicherungskonzerne wie Allianz und die Deutsche Bank die gemeinsamen Investoren waren. "Nach der Finanzkrise dominieren US-Vermögensverwalter wie Blackrock", so das Institut.

Da das Risiko bestehe, "dass die großen Investoren ihre Macht missbrauchen", bedürften die gemeinsamen Eigentümerstrukturen dringend der Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger, betonte DIW-Ökonom Jo Seldeslachts, der gemeinsam mit Albert Banal-Estanol von der Universität Pompeu Fabra in Barcelona und Nuria Boot von der Universität Leuven die Eigentümerstrukturen der 25 größten deutschen Unternehmen im Börsenindex S&P Europe 350 für die Jahre 2004 und 2015 analysiert hat.

Gemeinsame Eigentümerstrukturen liegen demnach vor, wenn die Investoren an mehreren Unternehmen mehr als 1 Prozent der Anteile gleichzeitig halten und sich die Anteile der gemeinsamen Investoren auf mehr als 50 Prozent der Gesamtanteile summieren. "Wenn die gemeinsamen Eigentümer zusammen mehr Anteile halten als die Einzelinvestoren, kann dies wettbewerbsrechtlich bedenklich sein. Unternehmensentscheidungen fallen möglicherweise anders aus, wenn die Anteilseigner auch an Konkurrenten beteiligt sind", gab der Studienautor zu bedenken.

Neben den Eigentümerstrukturen der deutschen Firmen untereinander haben die Forschenden laut DIW auch analysiert, welche deutschen Unternehmen gemeinsame Anteilseigner mit US-Unternehmen haben. Vor der Finanzkrise hatte demnach lediglich der deutsche Autozulieferer Continental gemeinsame Investoren mit zehn US-Unternehmen wie Chevron oder General Electric. Nach der Finanzkrise sehe die Situation völlig anders aus: Inzwischen haben laut DIW zwölf deutsche Unternehmen über gemeinsame Eigentümerstrukturen Verbindungen zu 24 US-Firmen. Insbesondere Bayer, Eon und Adidas seien mit vielen US-Unternehmen über gemeinsame Investoren verbunden.

Grund für die Entwicklung in Deutschland sei, dass sich viele europäische Finanzinstitute nach der globalen Finanzkrise aus Investments zurückgezogen hätten, was zum Teil auf die strengeren Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften zurückzuführen sei. "Gleichzeitig konnten die US-Vermögensverwalter die Schwäche der Banken offensichtlich zu ihrem Vorteil nutzen und verstärkt in deutsche Unternehmen einsteigen", erklärte Seldeslachts.

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August 09, 2023 04:25 ET (08:25 GMT)